MEIN KAMPF
Farce von George Tabori
Deutsch von Ursula Grützmacher-Tabori
»Man bereut es hinterher, dass man so gut ist«, soll Adolf Hitler in seinen letzten Lebenstagen im Berliner Führerbunker gesagt haben. Bis zu diesen Momenten Ende April 1945 war es ein weiter und nicht immer geradliniger Weg für den sich als sensiblen Künstler verstehenden Schnauzbartträger aus Braunau am Inn. Entscheidende Impulse erhielt der spätere Diktator zwischen 1907 und 1910, als er sich mehrmals für ein Studium an der Wiener Kunstakademie bewarb — für ihn bedauerlich und für die Menschheitsgeschichte fatalerweise ohne Erfolg. Der Abgewiesene ohne Ausbildung und finanzielle Rücklagen findet Unterkunft in einem Obdachlosenasyl. Hier beginnt George Taboris Farce: Der junge Hitler lernt im Asyl den jüdischen Bibelverkäufer Herzl kennen, der sich mit dem Koch Lobkowitz ein Zimmer teilt. Herzl versucht den zunächst unbeholfen-naiven Möchtegernkünstler mit Ratschlägen zu unterstützen und schlägt ihm vor, sich von der Malerei ab- und der Politik zuzuwenden. Und während Herzl beim Frisieren und Rasieren die äußere Erscheinung des späteren Führers kreiert, erzählt er diesem überdies auch noch von einem Buch, an dem er gerade arbeitet: »Mein Kampf«. Als Herzl merkt, auf welchen Boden sein gut gemeinter Rat fiel, ist Hitler bereits unaufhaltsam unterwegs an die Spitze des Dritten Reichs. Tabori erzählt mit bitterem Humor seine Version der Vorgeschichte eines verbrecherischen Extremisten — die Wandlung des perspektiv- und machtlosen Unterdrückten zum zielstrebigen Machtergreifer und Unterdrücker — und reflektiert sarkastisch das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte.
Soirée Dienstag, 11. Januar 2022, 18 Uhr, Podium
Premiere Freitag, 21. Januar 2022, 19.30 Uhr, Podium
Dauer ca. 2 Stunden 10 Minuten, eine Pause
Altersempfehlung 16+
Die behördlichen Vorgaben für Ihren Theaterbesuch finden Sie hier.
Gunther Nickles (Herzl) Stephan Clemens (Lobkowitz) Rudi Grieser (Hitler) Emma Lotta Wegner (Gretchen) Christel Mayr (Frau Tod) Björn Ingmar Böske (Himmlisch)
Pressestimmen
»Jessica Sonia Cremer meistert in ihrer kompakten Inszenierung den Spagat zwischen Humor und Beklemmung: eine dem Originaltext verpflichtete und unterhaltsame Lesart von Taboris ›Mein Kampf‹, die nur zwischen den Zeilen vom Hass und Fanatismus der Gegenwart erzählt. Das Publikum der ausverkauften Premiere applaudiert minutenlang.«
Marcus Golling // Südwest Presse»Rudi Grieser gibt das rüpelhafte Muttersöhnchen aus kleinbürgerlichem Milieu, dem jede Emotion fremd ist, der noch nie geweint hat und den Sexualität abstößt – und er gibt den jungen Adolf Hitler gut: physisch bis hin zum Gang, in der Sprachfärbung, ohne jede Gefühlsregung im Gesicht, unfähig zur Liebe, zur Trauer, zur Freude, hypochondrisch und ichbezogen.«
Dagmar Hub // Neu-Ulmer Zeitung