Zeit der Kannibalen
Dieses Stück wurde in gespielt.

ZEIT DER KANNIBALEN

Schauspiel von Johannes Naber nach dem Drehbuch von Stefan Weigl

Sie sind fies, sie sind schnell, sie sind gut. Zweite oder Dritte Welt, egal! Hauptsache, das Geschäft stimmt. Öllers und Niederländer kennen keine Skrupel, wenn es um Gewinnmaximierung im Auftrag der Company geht. Für die sind sie als Unternehmensberater weltweit unterwegs. Sie jetten von Einsatz zu Einsatz, ringsumher Armut, Chaos, Terror, doch solange sie in klimatisierten und abgeschotteten Hotels kaltblütig Geldtransfers, Investitionen und Firmenverlagerungen abwickeln können, sind sie mit sich im Reinen. Klar, das ist kein Job für Philanthropen und Sozialromantiker, hier garantieren Zynismus, Arroganz und Härte bestmögliche Deals und den Karrieresprung. Doch der erhoffte Aufstieg in der Firmenhierarchie bleibt vorerst aus. Stattdessen stößt die mindestens ebenso ausgebuffte Bianca zum Team und verschärft die Konkurrenz. Und während in dem x-beliebigen schäbigen Schwellenland, in welchem sie sich zwangsweise profitbedingt aufhalten, ausgerechnet jetzt irgendein idiotischer Bürgerkrieg ausbricht, herrscht unter den Kollegen ein erbitterter Kampf um die Jobzukunft. Dialoge von ätzender Schärfe und ein sarkastischer Blick auf das globalisierte kapitalistische Wirtschaften – diese preisgewürdigten Qualitäten des Films bewahrt das Kammerspiel auch in der Theateradaption.

Soirée Mittwoch, 2. Januar 2019, 19.30 Uhr Podium.bar
Premiere Samstag, 12. Januar 2019, 19.30 Uhr, Podium
Vis-à-Vis – Theater und Kirche im Dialog Gottesdienst zu »Zeit der Kannibalen«, Sonntag, 20. Januar 2019, 10 Uhr, Evangelische Pauluskirche, Frauenstraße 110

Dauer 1 Stunde 20 Miunten, keine Pause

Galerie
Trailer
Inszenierung Jasper Brandis
Ausstattung Petra Mollérus
Dramaturgie Diane Ackermann
Regieassistenz & Abendspielleitung Moritz Vinke
Mit
Benedikt Paulun (Frank Öllers, Unternehmensberater) Maurizio Micksch (Kai Niederländer, Unternehmensberater) Nicola Schubert (Bianca März, Unternehmensberaterin) Fabian Gröver (Hotelpage) Franziska Maria Pößl (Singh, indischer Manager / Zimmermädchen) Gunther Nickles (John Schernikau, der neue Chef (per Videokonferenz))

Pressestimmen

»Benedikt Paulun zeigt Frank Öllers als Mann unter Druck, dem die Souveränität so entgleitet, wie im fernen Zuhause seine Familie zerbröckelt. Maurizio Micksch lässt als Kai Niederländer nicht nur dem Sarkasmus, sondern auch bald der Paranoia freien Lauf. Ist die Grenze zum Wahnsinn erreicht? Kein Wunder, das ganze System ist wahnwitzig. Nicola Schubert bringt als Bianca März Ambivalenz hinein. Ihr Moralkompass scheint zuweilen noch zu funktionieren, doch letztlich zeigt auch der nur in eine Richtung: Eigennutz. Der große Knall muss kommen. Das Ende des Spiels ist fatal. Freilich zeigt ein böser Schluss, der über das Filmende hinausgeht: Das Spiel geht ja doch weiter. Langer Applaus.«

Magdi Aboul-Kheir // Südwest Presse

»Regisseur Brandis und Ausstatterin Petra Mollérus verzichten bei „Zeit der Kannibalen“ fast komplett auf Requisiten, gebraucht werden praktisch nur ein Drehstuhl und Rollkoffer. Gespielt wird auf der zentralen Spielfläche des Podiums, auf einem grünen Teppichboden, der so in jedem anonymen Hotelzimmer verlegt sein könnte. Gleichzeitig wirkt die Bühne dadurch auch wie ein Kampfplatz, was sie im Laufe des Stückes bei einer wrestling-artigen Rauferei zwischen den beiden Alpha-Beratern auch wird. Die anderen kleinen Rollen übernehmen Fabian Gröver und Franziska Maria Pößl, wobei die Hotelangestellten Puppen sind. Eine Idee, welche die Kolonialistenperspektive der Berater originell unterstreicht.«

Marcus Golling // Neu-Ulmer Zeitung

»Die abgebrühte Kollegin Bianca, gespielt von Nicola Schubert, steht ihren Kollegen in puncto Zynismus und Kälte in nichts nach. Von der Intensität dieser Akteure lebt das Stück – und eben nicht vom schrillen Spektakel, nicht von Requisiten und Effekten. Auch die Nebenrollen sind grandios: Franziska Maria Pößl und Fabian Gröver verkörpern den traurig-unterwürfigen Roomservice und zwar als Puppenspieler. Sie führen lebensgroße Figuren, denen man auch mal ein Tablett auf den Kopf hauen kann. „Zeit der Kannibalen“ – ein Stück der Entmenschlichung mit vielen überraschenden Wendungen. Sicher keine leichte Abendunterhaltung, aber dafür Theater mit Relevanz.«

Rainer Schlenz // SWR