JAMES BROWN TRUG LOCKENWICKLER
von Yasmina Reza
aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel
Wie alle Eltern lieben Pascaline und Lionel Hutner ihren Sohn, wünschen sich, dass er zu einem glücklichen Menschen heranwächst. Doch Kinder entwickeln sich häufig anders als erhofft. Nachdem er mit fünf Jahren zum ersten Mal einen Song des kanadischen Superstars Céline Dion im Radio hörte, wird aus zunächst unschuldiger Idealisierung eines Promis seine eigene Identität — Jacob ist überzeugt, selbst die erfolgreiche Sängerin zu sein. Das Ehepaar ist überfordert, die letzte Hoffnung: der Aufenthalt in einer therapeutischen Einrichtung. Dort fühlt Jacob sich wohl, wird angenommen. Er findet dort sogar — zum ersten Mal im Leben — einen Freund, den weißen Jungen Philippe, der selbst meint, schwarz zu sein. Die beiden Teenager akzeptieren sich gegenseitig in ihren gewählten Identitäten. Trotz der auch von der Therapeutin geforderten Akzeptanz für Jacobs Selbstbild schwanken die Eltern weiterhin zwischen Hilflosigkeit, Sorge und dem Erhalt ihres eigenen Weltbilds.
Das Stück der für Gesellschaftskomödien bekannten Autorin handelt von Identität oder Individualität — je nachdem, wo man steht. Komisch und traurig zugleich, wie immer bei Yasmina Reza.
Premiere
Donnerstag, 3. Oktober 2024, 19.00 Uhr, Großes Haus
Matinée
Sonntag, 22. September 2024, 11.00 Uhr, Foyer
Altersfreigabe [14+]
Dauer ca. 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause
Vincent Furrer (Philippe) Anne Simmering (Pascaline Hutner) Gunther Nickles (Lionel Hutner) Stefanie Schwab (Die Psychiaterin) Henning Mittwollen (Jacob Hutner)
Pressestimmen
»Es sind starke Auftritte, weil die Regisseurin Habermehl mit den Schauspielern sehr kontrollierte Rollenprofile geprobt hat: die so emotionale Simmering in mütterlicher Defensive, die Ausbrüche des erzkomödiantischen Nickles gezielt gesetzt. So funktioniert Humor. Stefanie Schwab übernimmt den surrealen Part in Anne Habermehls Inszenierung, gibt als Psychiaterin zumindest dem Realismus kontra. Seltsam clownesk fährt sie mit einem Laboratorium auf der Sackkarre herum, als Zauberin mit Hütchen auf dem Kopf versteigert sie Medikamente, glänzt geradezu mit Stand-up-Soli und schreitet auch mit der verrosteten Kettensäge ein, wenn sich Philippe mit Handschellen an sein Bäumchen fesselt.«
Jürgen Kanold // Südwest Presse»Statt pointenreicher, flotter wie bissiger Schlagabtausche setzt Reza in ihrem jüngsten Werk auf Skurrilitäten und Absurditäten. Das funktioniert und kommt beim Ulmer Premierenpublikum, das sich von dem Namen Yasmina Reza zahlreich locken ließ und langen Schlussapplaus spendete, gut an.«
Franziska Wolfinger // Neu-Ulmer Zeitung»Vincent Furrer: Schon wie er nur mit den Augen diese so schlaue, aber verdrehte arme Seele, den so unsicheren wie aufopferungsvoll treuen Philippe spielt, der sofort explodieren kann – großartig. Und wie er dann in die Text-Attacke geht, superagil, körperlich! Und dann Henning Mittwollen als Jacob: so stark wie verletzlich, Kind, Mann, Frau. Wunderbare Szene: Wie dieser Jacob ein selbst geschriebenes Lied singt, ›Der Junge auf der Schaukel‹. Kein Song, kein Hit, kein Céline-Dion-Karaoke (auf solche platten Ideen kommt die Regie sowieso nicht) – es sind berührende Strophen, sehr leise, wie staunend dargeboten, und dann bringen die Eltern ihren Jungen ins Bett.«
Jürgen Kanold // Südwest Presse