AUF WIEDERHÖREN! BENNO SCHACHTNER IM INTERVIEW

Kay Metzgers Inszenierung von »Written on Skin« bringt ein Wiedersehen mit einem ganz besonderen Gast: Benno Schachtner, geboren in Illertissen und heute einer der begehrtesten jungen Countertenöre. Zwischen Gastspielen bespielsweise in der New Yorker Carnegie Hall, am Theater an der Wien und im prunkvollen Palais Garnier der Pariser Opéra nimmt er sich Zeit für die alte Heimat.

Herr Schachtner, welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ulm?
Als ehemaliges Mitglied des Ulmer Spatzen-Chores (bis 2000, damals war ich inzwischen 16 Jahre alt — mein Stimmbruch kam relativ spät) und Abiturient am Ulmer Anna-Essinger-Gymnasium habe ich meine ersten musikalischen Schritte in Ulm gemacht. Dabei wurde ich sowohl von meinen Chorleitern, zunächst Helmut Steger und anschließend Hans de Gilde, als auch meinem Musiklehrer Hans-Peter Banholzer stark gefördert. Eine besondere Erinnerung ist mein erstes Engagement am Ulmer Theater als »Ulmer Spatz« zu einem Weihnachtskonzert des Theaters. Dort durfte ich das Lied »Stille Nacht, heilige Nacht« mit Gitarrenbegleitung unterm Weihnachtsbaum im Großen Haus singen — das war schon sehr aufregend.

Heute singen Sie Partien ganz anderer Größenordnung — in »Written on Skin« hat George Benjamin Ihrem Stimmfach, dem Countertenor, eine der drei Hauptrollen zugedacht. Was mögen Sie an dieser Musik?
George Benjamin schafft es auf beeindruckende Art und Weise, unterschiedliche Klangebenen übereinander zu legen, die miteinander verschmelzen und die emotionale Regungen wiedergeben. Die Musik drängt sich nie auf, sondern unterstützt auf beeindruckende Weise. Man wird als Zuhörer förmlich mitgerissen.

Als Countertenor singen Sie hauptsächlich Repertoire Alter Musik, doch auch viele zeitgenössische Komponisten scheinen eine Vorliebe für das Stimmfach entdeckt zu haben. Ist das stilistisch ein Spagat?
In der neuen Musik experimentieren Komponisten oft mit neuen Klangfarben und suchen diese mit Hilfe außergewöhnlicher Instrumente. In Benjamins »Written on Skin« sind für mich alle diese Ausdrucksmöglichkeiten enthalten. Wir Sänger begegnen uns oft in barockgeführten Dissonanzen und Vorhalten, die wir stimmlich barock führen müssen. Wir haben wiederkehrende Motive und werden durch einen großartigen Klangteppich vom Orchester getragen und unterstützt.

Mit welcher Wunschpartie könnte man besonders erfolgreich versuchen, Sie wieder nach Ulm zu locken?
Wunschpartie …? Oh je … In der neuen Musik würde ich gerne Brittens »Midsummer Night’s Dream« singen. Auch auf eine komische Figur in einer Operette hätte ich mal Lust. In der Klassik wäre Mozarts Farnace eine schöne Partie für mich, und im Barock — da gibt’s einige!

Das Gespräch führte Diane Ackermann.

AutorIn: Diane Ackermann
Datum: 11.04.2019