GESCHICHTE
Die Geschichte des Theaters Ulm beginnt vor mehr als fünf Jahrhunderten. Seitdem hat das heutige Dreispartentheater mehrere Kriege überlebt und mehrere Umzüge überstanden – von einer Schulhalle in ein ehemaliges Kornhaus über Provisorien in Wagen- und Kutschenhaus bis zum eigens gebauten Theatergebäude aus den 1960er-Jahren an der Olgastraße, in welchem sich das Theater Ulm auch heute befindet. Die Stadt Ulm darf von sich behaupten das älteste Stadttheater Deutschlands zu besitzen. Lesen Sie nachfolgend die einzelnen Etappen der Theatergeschichte nach.
Vom Schulsaal ins Furttenbachtheater im 16.-17. Jahrhundert
Zu Anfang hatte das Theater Ulm kein eigenes Gebäude, die Aufführungen bestanden aus Laienspielen der Meistersingerschule und der Schüler des Gymnasiums. Zwischen 1550 und 1650 wurden unter den Rektoren Martin Balticus, Daniel Hebenstreit und Johann Konrad Merk Vorstellungen gezeigt, die sich auf ein Minimum an Requisiten beschränkten. Es gab keinen festen Theatersaal mit Bühne und Vorhang, man griff auf einen Raum in der Schule, im Neuen Bau oder auf den Schuhhaussaal Ulms zurück. Zeitweise war der Publikumsandrang so groß, dass er durch die Polizei gemaßregelt werden musste. Neben dem Laienspiel machten auch gastierende Schauspielgruppen aus England und den Niederlanden Halt, um Darbietungen zu geben. Es gab keinen regelmäßigen Spielplan, Vorstellungen fanden meist an Festtagen statt. Der dreißigjährige Krieg brachte die Theateraufführungen schließlich fast zum Erliegen.
Rektor Merk ließ nach dem Separatfrieden der Reichsstadt mit dem Kaiser die Laienkomödie wiederbeleben. Gemeinsam mit dem Waisenhauspfleger Hans Trost überzeugte er 1640 den damaligen Stadtbaumeister Joseph Furttenbach in einem Stadel des alten Waisenhauses ein Theater einzurichten. Ganze drei Aufführungen wurden dort unter großem Publikumsandrang gespielt, als man auch schon wieder vom Gebäude abließ, da dieses nicht den Theateransprüchen entsprach.
Stadtbaumeister Furttenbach baute daraufhin ein als Kornhaus genutztes Gebäude des ehemaligen Dominikanerklosters als Theater um. Damit begann eine neue Ära. Die nach dem italienischen Stil errichtete Bühne wurde am 17. August 1641 mit einer sechsstündigen Vorstellung eingeweiht - mit »Moses« von Bruelovius, bearbeitet von Rektor Merk und dargestellt von seinen Schülern. Die Bühne hatte nun einen ordentlichen Vorhang und die drehbaren Kulissenelemente ließen einen raschen Szenenwechsel zu. Es gab auch ausreichend Platz, um größere Requisiten, wie Kutschen, zu nutzen. Nebst der Bühne gab es auch einen Graben, in dem die Musiker saßen. Das Publikum fand sich auf den 600 Sitz- und den 150 Stehplätzen ein.
Modell des Furttenbachtheaters
Provisorien und Komödienhaus im 18.-19. Jahrhundert
Ein gutes halbes Jahrhundert später, 1702, überrumpelten verkleidete bayrische Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg die Festung Ulm und unterbrachen somit das Theaterleben der Stadt. Auch nach der Befreiung Ulms durch österreichischen Truppen wurde das Furttenbachtheater noch für militärische Zwecke genutzt und war später in solch desolatem Zustand, dass das Wagenhaus, in welchem bis dato Kutschen abgestellt wurden, als Provisorium eines Theaters diente. Zu den Aufführungen des Laienspiels oder von den nun überwiegend anreisenden Schauspieltruppen, mussten die Zuschauer selbst ihren Stuhl mitbringen, da es in der Wagenhalle nur ein Podest als Bühne, aber keine Zuschauerbänke gab. Zu den eifrigsten Theaterbesuchern zählten die Kreistags-Abgesandten, die nach ihren Tagungen ins Theater gingen. Sie kannten also die provisorischen Zustände nur zu gut und ließen sich trotz der schwierigen finanziellen Lage Ulms zu einem Bau eines angemesseneren Theatergebäudes hinreißen.
Im Mai 1781 pries die "Ulmische Teutsche Chronik" begeistert die Fertigstellung des auf dem Platz des Wagenhauses errichtete Ulmer Theaterhauses und dessen von Heideloff gemaltem Bühnenvorhang an. Die Theaterräume wurden weiterhin an wandernde Schauspielgesellschaften vermietet. Die oft klammen Schauspielgruppen konnten die Mieten nicht bezahlen, machten Schulden bei der Stadt und verließen diese meist fluchtartig. Erst 1834 gelang es Theaterdirektor Johann Dardenne eine Verbesserung der finanziellen Situation vorzunehmen, indem er gegen die bislang gängige Praxis mit seiner Gesellschaft nicht nur kurz verweilte, sondern durchsetzte, 13 Jahre lang durchgängig in Ulm spielen zu dürfen - mit Subventionen der Stadt und einer Steuerermäßigung des Staats. Die Beständigkeit der Theatergruppe, des Spielplans und den in den Zeitungen erscheinenden Kritiken führten zu einem engen Kontakt zwischen den Ulmern und den Schauspielern und zu regen Theaterbesuchen.
Heideloffs Vorhang von 1781 im alten Theater
Das Theater während der Weltkriege im 20. Jahrhundert
Nach Ende des ersten Weltkriegs schätzte man sich glücklich, das Theater 1919 wiederzueröffnen, welches während des Krieges stilllag. Kurz darauf wurden auch Oper und Operette in das Programm aufgenommen. Statt der bisher verpflichteten Militärmusiker, die nicht mehr zur Verfügung standen, wurde ein eigenes Orchester eingestellt. Trotz der steigenden Inflation konnte das Theater 1923 umgebaut und mit der angrenzenden Kutscherhauskaserne vereint werden, in welchem das Foyer, die Garderobe und die Büros Einzug hielten.
Das alte Theater nach dem letzten Umbau 1923
Im Dritten Reich wurde das Theatergebäude bei Luftangriffen zerstört. Im Herbst 1945 öffnete das Theater Ulm erneut, nun in der Turnhalle der Wagnerschule. Aufgrund der finanziellen Situation beschränkte man sich erstmal auf Schauspiel und Operette. Währenddessen wurde ein Neubau eines Theaterhauses geplant.
Das Provisorium in der Turnhalle der Wagnerschule (1945-1969)
Theater Ulm im Neubau an der Olgastraße 1969 bis heute
1958 fiel nach einer stundenlangen Gemeinderatssitzung die Entscheidung: Ein neues Theaterhaus sollte auf dem Platz zwischen Olga- und Neutorstraße errichtet werden. Architekt Fritz Schäfer wurde mit der Planung dieses neuen Theatergebäudes beauftragt. Am 3. Oktober 1969 fand das Theater Ulm dann endlich seine eigenen Räumlichkeiten mit einem klassischen großen Saal, dem Großen Haus, mit 815 Sitzplätzen und einem Studiotheater, dem Podium, mit 200 Plätzen. Das Podium kann passend an die Aufführungen in eine Guckkasten-, Shakespeare-, Arena-, Spielflächen-, Laufsteg- oder Rundumbühne umgebaut werden. Mittlerweile gibt es auch die festeingerichtete Podium.bar, welche für kleinere Veranstaltungen genutzt werden kann sowie das Foyer, das ebenso für Konzerte, Lesungen oder Liederabende dient.
Das Große Haus und das Podium im Neubau von 1969
Ende der 1990er Jahre wurde dann auch die Wilhelmsburg zur zusätzlichen Spielstätte des Theaters Ulm: Im Sommer finden seither im Zweijahresrhythmus von Mai bis Juli Open-Air-Musiktheateraufführungen in malerischer Kulisse auf der Ulmer Wilhelmsburg statt. Mittlerweile gibt es auch ein gastronomisches Angebot sowie überdachte Zuschauertribünen. Da es oben auf dem Michelsberg keine Parkplätze gibt, wird das Publikum mit Shuttlebussen hochgefahren.
Außenfassade Wilhelmsburg
Geplanter Erweiterungsbau hin zum Theater-Viertel ab 2024
Das aktuelle Leuchtturmprojekt ist der Erweiterungsbau des Theaters Ulm. In Bälde entstehen ein extra Kinder- und Jugendtheater, weitere Proberäume und neue Werkstätten. In dem von der Stadt Ulm ausgeschriebenen Wettbewerb konnte sich der Entwurf des Berliner Architektenbüros um Architekt Max Dudler behaupten. Geplant ist ein hoher, mehrgeschossiger Giebelbau, der an die Reichsstadt Ulm erinnert. Der neue Gebäudekomplex soll direkt in Anbindung an das bestehende sechseckige Haupthaus erfolgen. Damit soll ein zeitgemäßes Theater-Viertel geschaffen werden. Der Spatenstich für den Bau des 30 Millionen-Projektes soll 2024 erfolgen, die Fertigstellung dann im Jahre 2027.
Modellzeichnung Erweiterungsbau Theater Ulm
Intendanten seit 1925
- Alfred Mendler (1945-1950)
- Gustav Deharde (1950-1953)
- Peter Wackernagel (1954-1958, in der Spielzeitpause verstorben)
- Joachim von Groeling (kommissarisch 1958-1959)
- Kurt Hübner (1959-1962)
- Ulrich Brecht (1962-1966)
- Detlof Krüger (1966-1973)
- Peter Borchardt (1973-1979)
- Volkmar Clauß (1979-1985)
- Pavel Fieber (1985-1991)
- Bernd Wilms (1991-1994)
- Ansgar Haag (1994-2006)
- Andreas von Studnitz (2006-2018)