Der Kaufmann von Venedig
Dieses Stück wurde in der Spielzeit 2022/23 gespielt.

DER KAUFMANN VON VENEDIG

Komödie von William Shakespeare
aus dem Englischen von Werner Buhss

 

Bassanio ist klamm und somit keine Option für die attraktive Portia aus besten venezianischen Kreisen. Wie gut, dass es Freunde gibt: Antonio will ihn mit einer Finanzspritze unterstützen, damit sein Werben aussichtsreicher wird. Wie dumm, dass der selbst nicht gut bei Kasse ist. Seine internationale Spedition brummt, Kapitalanlagen sind weltweit gestreut, nur die momentane Liquidität ist gleich Null. Wie nützlich, dass professionelle Anbieter wie Shylock aushelfen können. Klar, Schulden und Kredithaie sind ohnehin hassenswert. Wie übel zudem, dass Shylock Jude ist. Doch Antonio bleibt nichts anderes übrig. Mit heftigen Schmähungen und voller Hochmut lässt er sich für das Darlehen sogar auf einen Schuldschein ein, der Shylock berechtigt, im Falle von Zahlungsschwierigkeiten Antonios »ein Pfund Fleisch nächst dem Herzen« aus dessen Körper zu schneiden. Was soll’s! Bassanio bekommt von Antonio das geliehene Geld und ist nun bei Portia erfolgreich. Und die Schuld bei Shylock ist ja bald beglichen ...

Mitnichten! Was undenkbar schien, passiert: Antonio verliert durch Havarien die Erlöse seiner Containerschiffe und Shylock, der stets Gedemütigte, verlangt unerbittlich vor Gericht die Einhaltung des Vertrags. Der Jude als Feindbild: geldgierig, hinterhältig, durchtrieben ... — antisemitische Reflexe waren nicht erst zur Shakespearezeit Normalität. Aber heute? Das Stück stellt die Frage neuerlich dringlich: Ist dieser tief sitzende Hass 80 Jahre nach dem Holocaust in Venedig, London, vor allem aber in Berlin oder Ulm wirklich verschwunden?

Eine halbe Stunde vor jeder Vorstellung gibt es eine Videoeinführung im Oberen Foyer.

 

Premiere Mittwoch, 15. März 2023, 20.00 Uhr, Großes Haus

Matinée Sonntag, 26. Februar 2023, 11.00 Uhr, Foyer

Öffentliche Bühnenprobe Samstag, 25. Februar 2023, 9.45 Uhr (Treffpunkt Bühnenpforte)

Altersempfehlung 14+ 

Dauer ca. 2 Stunden 15 Minuten, eine Pause

Galerie
Trailer
Inszenierung Jasper Brandis
Bühne Andreas Freichels
Kostüme (nach Entwürfen von Andreas Freichels) Maike Häber
Licht Johannes Grebing
Dramaturgie Natalie Broschat
Regieassistenz & Abendspielleitung Nemanja Leković
Soufflage Ruth Dohle
Inspizienz Oliver Eisenmenger
Mit
Maurizio Micksch (Antonio, ein Kaufmann von Venedig) Vincent Furrer (Bassanio, Freund von Antonio und Bewerber um Portia) Rasmus Friedrich (Lorenzo, verliebt in Jessica) Stephanie Pardula (Portia, eine Erbin in Belmont) Natascha Heimes (Solanio und Salerio, Freunde von Antonio und Bassanio / Jessica, eine Jüdin, Tochter Shylocks / Tubal, ein Jude) Frank Röder (Lanzelot Gobbo, Diener Shylocks / Der alte Gobbo / Der Herzog von Venedig) Markus Hottgenroth (Shylock, ein Jude)
Höreinführung

Pressestimmen

»Es ist schon ziemlich großartig, wie speziell Maurizio Micksch (Antonio) und Vincent Furrer (Bassanio) diese Widerlinge, deren Melancholie doch nur Selbstbesoffenheit ist, auf die Bühne bringen. Das Gegenstück dazu ist der souveräne Markus Hottgenroth als Shylock: ein beherrschter Geschäftsmann mit Prinzipien, der sich nicht brechen lässt.«

Marcus Golling // Südwest Presse

»Brandis streift in seiner Inszenierung auch die Frage nach Täter und Opfer. In solchen Mobbingkonstellationen ist das schließlich nicht immer schwarz-weiß und klar zu beantworten. Ein derart freier Umgang mit dem Ursprungstext wird vom Theaterpublikum gern kritisiert. Bei diesem Stück ist er allerdings die Voraussetzung, es heute überhaupt auf die Bühne zu bringen.«

Franziska Wolfinger // Neu-Ulmer Zeitung

»Die berühmte Passage ›Hat nicht ein Jude Augen? Hat nicht ein Jude Hände, Gliedmaßen, Werkzeuge, Sinne, Neigungen, Leidenschaften?‹ leiert der Ulmer Shylock zunächst herunter, fast wie eine lästige Pflichtaufgabe. Doch dann entwickelt seine Klage gerade durch den Verzicht auf Sentimentalität eine argumentative Eindringlichkeit. Am Ende steht Shylock da, abgesondert von den Anderen. Er zieht einen Revolver aus der Hosentasche und schießt – auf seine Kontrahenten. Ist das Rache oder die gerechte Strafe? Die Antwort liegt im Auge des Betrachters.«

Thomas Rothschild // Nachtkritik.de