DAS GROßE HEFT
nach dem Roman von Ágota Kristóf
aus dem Französischen von Eva Moldenhauer
Bühnenfassung für das Theater Ulm von Jessica Sonia Cremer
»Die Leute nennen sie die Hexe. Sie nennt uns Hundesöhne.« Ein Zwillingsbruderpaar wird von der Mutter während des Krieges bei der unbekannten Oma auf dem Land abgegeben. Dort wartet jedoch keinerlei Schutz auf sie, sondern menschliche Kälte. Das Essen müssen sie sich verdienen, die Körperpflege ist mangelhaft und bald stinken sie wie die Großmutter. Durch das Arbeiten auf dem Hof und die harten Lebensbedingungen werden die beiden Jungs einerseits autark, andererseits üben sie sich als Überlebenstraining auch in der unbedingten Kontrolle ihrer Emotionen. Wehmut, Mitleid und Skrupel können und wollen sie sich nicht erlauben: Den ersten toten Soldaten, den sie sehen, entledigen sie ohne Bedenken seiner noch brauchbaren Habseligkeiten. Was ihnen nützlich sein könnte, wird mit wohldosierter Energie beschafft, was sie behindert oder stört, mit ebensolcher Umsicht und großer Intelligenz beseitigt. Da die beiden keine Schule mehr besuchen, unterrichten sie sich selbst kontinuierlich anhand eines Lexikons und der Bibel. Sie notieren alles Erlebte in ihr »Großes Heft«, wobei das Geringste davon den 10 Geboten entspricht. Einzige Bedingung ist, dass es »wahr« ist.
Der in kurzen Kapiteln verfasste Text ist eminent eindringlich: Präzise und in schonungsloser Offenheit erfassen die Notizen der Jungs das Dasein in einer von Krieg und Ideologie brutalisierten Umgebung. Der 1986 erschienene Roman der ungarisch-schweizerischen Schriftstellerin Ágota Kristóf (1935-2011) gehört zu den bemerkenswertesten Texten der letzten Jahrzehnte. Er wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, mit etlichen Preisen ausgezeichnet, erfolgreich verfilmt, als Hörspiel umgesetzt und vielfach auch für die Theaterbühne adaptiert. Für das Theater Ulm entsteht eine eigene Fassung dieses tiefgründig poetischen Werks.
Bitte beachten Sie:
In »Das große Heft« werden Themen wie Tierquälerei, Kriegsverbrechen, Folter, Mord und sexuelle Gewalt, auch gegenüber Kindern, behandelt. Der Inhalt kann deshalb, vor allem in Bezug auf eigene Erfahrungen, belastend wirken.
Premiere Freitag, 7. Oktober 2022, 19.30 Uhr, Podium
Soirée Dienstag, 27. September 2022, 18.00 Uhr, Podium.bar
Altersempfehlung 16+
Dauer ca. 3 Stunden, eine Pause
Pressestimmen
»›Das große Heft‹ ist nicht leicht zu ertragen, schockierend (und manchmal auch sexuell abstoßend) sind die Szenen. Doch es ist Theater, dem man sich aussetzen sollte.«
Markus Golling // Südwest Presse»›Das große Heft‹ ist keine leichte Kost. Im Stück wie in Kristófs Roman von 1986 funktioniert die zeitlose Antikriegsbotschaft durch Abschreckung, durch Aufzählung so vieler gräulicher Dinge, zu denen Menschen fähig sind. Doch die Geschichte der kleinen Zwillinge in der Inszenierung von Jessica Sonia Cremer ist fesselnd.«
Franziska Wolfinger // Neu-Ulmer Zeitung