HERZ AUS STEIN - ZUR PRODUKTION »DAS KALTE HERZ«

Reiner Feistel gestaltelt eine Tanzabend nach dem Märchen »Das kalte Herz« von Wilhelm Hauff

Drei Wünsche frei haben! Eine verlockende Vorstellung. Wer träumt nicht gelegentlich davon, so auf einen Schlag alle Probleme lösen zu können? Der Köhlerssohn Peter Munk jedenfalls hofft auf eine solche Abkürzung, um seinem ungeliebten, knochenharten Beruf zu entkommen, der ihn im Dorf bloß zum Ziel des Spotts macht. Hätte er doch auch nur so viel Geld und Ansehen wie Ezechiel! Könnte er doch auch Pirouetten drehen wie der Tanzbodenkönig und so seine Angebetete Lisbeth beeindrucken! Als Peter erfährt, dass ein gütiger Waldgeist ihm helfen kann, versucht er sein Glück bei dem sagenumwobenen Glasmännlein. Doch Peter träumt nicht groß genug: Seine Wünsche bringen ihm nur kurzfristige Befriedigung, aber keine andauernde Zufriedenheit ein. Verzweifelt wendet er sich an den mysteriösen Holländer-Michel. Und der weiß genau, wo Peters Problem liegt: Es ist dieses penetrant pochende menschliche Herz, das durch Mitgefühl, Menschlichkeit und Skrupel jedem wirklich erfolgreichen Geschäftsmann nur im Weg stehen kann …

Wilhelm Hauffs Kunstmärchen vom Kohlenmunk- Peter, der sein Herz gegen einen Stein tauscht, hat 1827 geradezu prophetisch die Krux des Kapitalismus vorweggenommen. Gleichzeitig schwelgt »Das kalte Herz« in romantischen Bildern von Zauberei und dem Leben mit der Natur. Am Theater Ulm wird der Erzählung nun neues Leben eingehaucht: durch ein Handlungsballett, das Reiner Feistel als Uraufführung mit seiner Kompagnie erarbeitet. Die Musik dazu liefert das Philharmonische Orchester unter Kapellmeister Levente Török mit einem breit gespannten Bogen von romantischen Klassikern bis hin zu Auftragskompositionen für diesen besonderen Tanzabend.
Nicht zuletzt die geografische Nachbarschaft des Theaters Ulm zum Handlungsort des Märchens — dem Schwarzwald — hat Tanztheaterdirektor Reiner Feistel bei seiner Wahl inspiriert. Und von Anfang an war klar: Ohne ein Sinnbild des Waldes, der Natur als Lebensraum und Geschäftsgrundlage der Figuren, funktioniert die Geschichte nicht. Und so soll ein gigantischer Baumstamm zentrales Element der Kulisse für »Das kalte Herz« werden. Ausstatterin Petra Mollérus war freudig überrascht: »Normalerweise heißt es beim Tanztheater: Bloß nichts auf die Bühne stellen, wir brauchen den Platz zum Tanzen! « Doch in Ulm bestimmt ein mächtiger, beweglicher Baumstamm das Bühnenbild des märchenhaften Abends. Wie so oft am Theater ist auch dieses Bühnenelement ein Gemeinschaftsprojekt: Zunächst sorgte die Schlosserei für ein stabiles Gerüst, das allerdings so hoch ragt, dass es bis zur finalen Montage in zwei Teilen aufbewahrt werden muss. Die Schreinerei hat den hölzernen Grundstock für die massiven Wurzeln des Baumstamms geschaffen, die gerade im Malsaal mit Styropor modelliert werden. Malsaal-Chefin Agnete Winter und ihr Team sind auch dafür verantwortlich, den Stamm anschließend mit Hasendraht zu verkleiden und dann mit einem Material zu kaschieren, das im Trocknungsprozess das unebene Profil einer Baumrinde annehmen wird. Nach den gebauten Edward-Hopper-Bildern aus »Gesichter der Großstadt« ist dies bereits das zweite Tanztheater-Projekt, das den Werkstätten große Dekorationen abverlangt. »Wir freuen uns über solche Aufgaben«, verrät Agnete Winter, »da können wir zeigen, was wir können.«
In Kürze wird der beeindruckende Baum die Werkstätten verlassen und von den Kollegen der Beleuchtung ins bestmögliche Licht gesetzt werden. Erste Einblicke in »Das kalte Herz« geben Reiner Feistel und seine Tänzerinnen und Tänzer bei der Matinée am Sonntag, den 7. April um 11 Uhr im Großen Haus des Theaters Ulm.

 

Wenn ich drei Wünsche frei hätte ...

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Nora Paneva (Lisbeth) 

Ich würde mir wünschen, gesund zu bleiben, körperlich und geistig, bis ans Lebensende. Und ich würde mir gesunde Kinder wünschen. Mein dritter Wunsch wäre: sich teleportieren können! So könnte ich jeden Tag arbeiten, ein ganz normales Leben führen und gleichzeitig in meiner Freizeit verschiedenste Ecken der Welt besuchen.

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Gabriel Mathéo Bellucci (Peter Munk)

Ich würde mir wünschen, dass niemand Hunger leiden muss und jeder Mensch das Nötigste zum Leben hat. Es sollen alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Herkunft und sozialem Status gleichbehandelt werden. Und ich hätte gerne noch einmal drei Wünsche! Aber falls das nicht geht, würde ich mir wünschen, glücklich zu sein!

AutorIn: Diane Ackermann
Datum: 11.04.2019