EIN ULMER »FIDELIO« ZUM FÜNFZIGJÄHRIGEN

Man kennt und schätzt ›seinen‹ »Fidelio«. Ludwig van Beethovens einzige Oper ist nicht weit, wenn es Opernhäuser zu eröffnen oder Jubiläen zu begehen gilt. »Fidelio« gehört heute zu den beliebtesten und meistgespielten Opern überhaupt. Dieser Erfolg beim Publikum war für den Komponisten zunächst nicht abzusehen gewesen. Drei Anläufe nahm Beethoven, um die Oper, die mal »Fidelio« und zwischenzeitlich »Leonore« heißt, in eine zufriedenstellende Form zu bringen. Und gleich vier Ouvertüren komponierte er für das Werk. Eine finale Gestalt, die Beethoven als verbindlich ansah, entstand aber nie.

Die Uraufführung 1805 in Wien wurde vornehmlich aus politischen Gründen zum Misserfolg. Freunde drängten Beethoven zu einer Umarbeitung, die im Frühjahr 1806 in Wien über die Bühne ging: Widerwillig stellte Beethoven Nummern um, strich viel Musik und kürzte. Nach zwei Vorstellungen zog er die Oper zurück. Offenbar konnte er sich mit dem Intendanten finanziell nicht einigen. Erst 1814 griff er nochmals radikal in den »Fidelio« ein. Vieles wurde vor allem kürzer, aber auch manches Neue stellte sich als überzeugender heraus. In dieser Gestalt eroberte »Fidelio« plötzlich die Welt. Doch Beethoven war nicht zufrieden. Und auch Wissenschaft und Publikum attestieren bei aller Begeisterung dem »Fidelio« noch heute Inhomogenität und unübersehbare Schwächen. Da lohnt sich ein Blick auf die in Ungnade gefallenen Frühfassungen. Am Theater Ulm haben Sie die Chance, Ihren Blick auf das Werk jenseits der gewohnten und vertrauten Form zu schärfen. Regisseur Dietrich W. Hilsdorf und GMD Timo Handschuh haben die gängige »Fidelio«-Fassung von 1814 um zwei musikalische Trouvaillen aus der Frühfassung »Leonore« ergänzt und beleuchten somit die Figuren aus oft vernachlässigten, aber von Beethoven ursprünglich intendierten Blickwinkeln. Auch eine »Leonoren«-Ouvertüre gibt es zu erleben. Und natürlich noch Vieles mehr!

Mit »Fidelio« begehen wir das fünfzigjährige Bestehen des Theaterbaus am Herbert-von-Karajan-Platz. Dem Beethoven-Jubiläum 2020 greifen wir dabei schamlos voraus und bringen die Oper bereits im September 2019 auf die Bühne. Den 250. Geburtstag des Komponisten feiern wir wenige Monate später aber auch noch einmal. Es fallen 2019/2020 eben so einige Jubiläen und Geburtstage zusammen. Berblinger-Jubiläum ist ja auch noch ...

Benjamin Künzel 

 

AutorIn: Benjamin Künzel
Datum: 9.10.2019