EIN THEATERFREUND VERLÄSST DEN EXTRACHOR

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Nach langer Zeit der Verbundenheit mit dem Theater Ulm beendet Martin Eckhardt seine Mitgliedschaft im Extrachor. Das Theater Ulm dankt ihm herzlich für sein Engagement und möchte wissen, was ihn mit dem Theater verbindet und woran er sich gerne zurückerinnert.

 

»Vor etwa 50 Jahren, etwa 14-jährig, schickte mich meine Mutter erstmalig ins Theater. Sie selbst hatte seit 1958, also über 60 Jahre lang, bis kurz vor der Corona-Pandemie, durchgehend ein Abonnement am städtischen Theater in Ulm. In meinem Konfirmationsanzug und in Begleitung einer Jugendfreundin aus der Nachbarschaft saßen wir auf den Plätzen der Mütter. Damals spielten wir beide Waldhorn im Musikverein Cäcilia in Herrlingen.  Diese erste Vorstellung war eine Operette, an welche ich mich nicht mehr erinnern kann. Weitere Theaterbesuche folgten.

Ein ganz anderer Kontakt zum Theater entstand so um das Jahr 1980 herum, als ich häufiger mal Besuche im Atelier des Ulmer Malers und Grafikers Adolf Silberberger in der Hämpfergasse abstattete. Silberberger fertigte damals während der jeweiligen Probenphase Skizzen mit Kohle und Bleistift von Theaterproduktionen an, die später druckgrafisch vervielfältigt wurden. Einmal habe ich ihn zu einer solchen Skizzenarbeit ins Theater begleitet.  Zwei Blätter aus der damaligen Zeit, einmal z.B. ein »Rosenkavalier« von 1979, hängen noch heute bei mir in der Wohnung. Mindestens ein signierter Originaldruck von Silberberger hängt übrigens bis zum heutigen Tag, vermutlich weitgehend unbekannt, im Theater — nämlich im Büro der 1. Ankleiderin.

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Nach Abitur, Schreinerlehre und Studium in Berlin landete ich dann schließlich wieder in Ulm. Zuvor schwankte ich zwischen Kunstgeschichte in Tübingen und Tiermedizin in Berlin. Es wurde dann, der Familientradition folgend, die Tiermedizin. Während meiner Berliner Zeit habe ich, wie es das Studium eben zuließ, im Unichor der Freien Universität gesungen.

Als ich die tierärztliche Praxis 1993 von meinem Vater übernommen hatte, waren die Kontakte zum Theater, berufsbedingt, eher sporadisch. Trotzdem fand ich — meist nach Vorstellungen, und obwohl nicht im Theater beschäftigt —  immer wieder den Weg in die Kantine. Es war die Zeit von Operndirektor Dr. Klaus Rak. Der damalige Betrieb in der Kantine, besonders nach Vorstellungen, ist nicht mit heute zu vergleichen. Es herrschte ein ausgelassener — damals noch rauchgeschwängerter — Kneipenbetrieb bis tief in die Nacht hinein. Operndirektor Dr. Rak oft mittendrin.

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Weitere etwa zwanzig Jahre später, anlässlich eines »Tags der offenen Tür« traf man sich mal wieder in der Kantine. Dies war nach dem Ende der Veranstaltung und einem Besuch im Chorsaal, wo vom Haus- und Extrachor »Va Pensiero« den Gästen vorgetragen wurde. Wolfgang Wels, der damalige Chordirektor, gesellte sich irgendwann an unseren Tisch. Ich kannte ihn nur flüchtig. Im Laufe des Gesprächs hat er mich dann gefragt, wann ich denn mal bei ihm vorsingen würde. Beruflich hatte ich, abends zumindest, schon etwas mehr freie Zeit zur Verfügung, und da meine damalige Stimmbildnerin mich auch immer wieder aufgefordert hat, mich doch mal einem Vorsingen zu stellen, habe ich dies dann nach einer längeren Bedenkzeit tatsächlich gemacht.

Und so kam ich dann »nebenberuflich« zum Theater. Meine erste Produktion war »Don Carlo« auf der Wilhelmsburg. Ich habe die folgenden Jahre, da altersmäßig schon etwas fortgeschritten, sämtliche Opern gesungen, die zeitlich irgendwie zu schaffen waren. Unter all den tollen Produktionen, wo ich mitwirken durfte, würde ich trotzdem die beiden Wagneropern »Lohengrin« und »Der fliegende Holländer«, dazu »Nabucco«, »Fidelio« und jetzt den »Rigoletto« hervorheben. Zusätzlich die beiden Opern »Don Carlo« und »Aida«, schon wegen der besonderen Stimmung auf der Wilhelmsburg.

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Die Proben und Vorstellungen auf der WiBu sind natürlich besonders aufwendig. Diesbezüglich den Vogel abgeschossen hat das Musical »Dracula«. Vor dem Betreten der Burg mussten alle einen negativen Corona-Schnelltest haben. Aus der Not geboren, haben wir zu zweit ein kleines Testzentrum für die Teilnehmer betrieben. Damit verlängerte sich die Verweildauer auf der WiBu auf etwa 6-7 Stunden. Fairerweise muss man zugeben, dass das anschließende Treffen im größeren Kreise im Innenhof der Burg miteingerechnet ist.

Insgesamt würde ich die aktive Zeit im Extrachor zu meinen bisher schönsten und abwechslungsreichsten Lebensjahren zählen, zumal ich während meiner aktiven Zeit lange Chorsprecher war, und deshalb mit vielen Menschen und Stellen im Hause im regelmäßigen Austausch war. Unsere Verwaltungsdirektorin Frau Angela Weißhardt kenne ich sogar von Kindesbeinen an.

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In Zukunft werde ich, zusammen mit meiner Frau, dem Theater über die »Theaterfreunde« verbunden bleiben, wo wir auch schon seit Jahrzehnten Mitglieder sind. Außerdem planen wir unser Premierenabo, meine Frau zusätzlich das Premienabo im Podium, weiter zu behalten.«

Martin Eckhardt 

AutorIn: Anna Reukauf
Datum: 11.07.2022